Universität Zürich, Historisches Seminar
Mittwoch, 4. Dezember 2002, 16.15, Hörsaal KOL-G-204
Podiumsdiskussion und Buchvernissage
Der Völkermord
an den Armeniern und die Shoah
Anlässlich des neu erschienenen Sammelbandes von H.-L. Kieser und D. J. Schaller (Hg.), Der Völkermord an den Armeniern und die Shoah / The Armenian Genocide and the Shoah, Zürich: Chronos, 2002.
Diskussionsleitung: Prof. Dr. Madeleine Herren (Universität Zürich).
Diskussionsteilnehmer: Prof. Dr. Georg Kreis (Universität Basel), Prof. Dr. Jakob Tanner (Universität Zürich), Dr. Hans-Lukas Kieser (Universität Zürich), Dominik J. Schaller (Universität Zürich).
Im Anschluss an die Diskussion gibt es einen Apero, und ein Büchertisch wird bereit stehen.
Das Buch Der Völkermord an den Armeniern und die Shoah setzt
zwei Extremereignisse während der Weltkriege in den "historischen Raum"
Europa-Naher Osten (Fin de siècle–Mitte des 20. Jahrhundert). Das
Buch ist das Resultat eines Projektes der Universität Zürich, das
der Lehrbeauftragte für moderne nahöstliche Geschichte Hans-Lukas
Kieser zusammen mit Dominik Schaller, dem Initiator der Arbeitsgruppe für
Genozidforschung 2000–2002 durchgeführt hat. Auf die Fragestellung des
Projektes haben Experten aus Europa, dem Nahen Osten und den USA in vielfältiger
Weise geantwortet. Die Zerstörung der armenischen Gemeinschaft in Kleinasien
war nicht das Resultat "asiatischer Brutalität", wie viele Kontrahenten
des deutschen Historikerstreits über die Einzigartigkeit des Holocausts
meinten, sondern das Ergebnis politischen Denkens und Handelns einer europäisierten
jungtürkischen Elite. Aus Untergangsangst entwickelten sozialdarwinistisch
geprägte Reichseliten das "sozialtechnologische" Denken der Vernichtung.
Dank ihrer ethno-nationalistischen Rationalität in Verbindung mit einer
Vertreibungspolitik, die 1923 an der Nahostkonferenz in Lausanne abgesegnet
wurde, interpretierten u. a. die Nationalsozialisten die gewaltsame "Lösung"
der "armenischen Frage" als Teil eines erfolgreichen Modells "nationaler
Regeneration".