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Jan Hodel
Jan Hodels Historischer Internet-Spaziergang

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es war um die Weihnachtszeit, da wanderte ich nächtelang durch die Weiten des Internets, um in Erfahrung zu bringen was sich dort an historischen Informationen verbergen möge. Ich schrieb es auf, um die Schätze, die ich fand, für die Nachwelt zu bewahren...»

Sehr empfehlenswert als ergänzende Lektüre: Peter Habers "Bibliophiler Internet-Spaziergang".

Übersicht
Journal for MultiMedia History (JMMH)

18.12.1998 Multimedia und Geschichte: Online-Publikationen
Medias in res. Die multimedialen Darstellungsmöglichkeiten historischer Sachverhalte mache den Unterschied des Internets zu anderen Medien aus - heisst es. Die Probe auf Exempel startete ich beim Journal for MultiMedia History (JMMH), einem Projekt des historischen Insituts an der Universität von Albany im Staat New York. Die erste und bislang einzige Nummer erschien im Herbst 1998 mit dem erklärten Ziel, eine Publikation zu präsentieren, die Audio-, Video-, Grafik- und Textdateien in einer Art vereinigt, wie dies nur auf dem World Wide Web möglich sei.

Für ein innovatives Journal ist das JMMH sehr traditionell aufgebaut mit Hauptartikeln und Besprechungen - vielleicht, um Seriosität zu vermitteln. Die Besprechungen widmen sich ausschliesslich CD-ROM und WebSites (dazu später mehr). Die Hauptartikel befassen sich mit allgemeinen historischen Themen. Multimedia äussert sich hier in zahlreichen Bildern und in Audio-Dateien. Bei Tonquellen (etwa Radiosendungen wie im Artikel zu Elija Muhammad) leuchtet diese zusätzliche mediale Möglichkeit noch ein, aber eine Vorlesung mittels Audio-Datei über Internet zu laden - ist das sinnvoll? Geradezu für verschenkt halte ich Texte auf dem Web, die zwar Grafiken bieten, aber keine Hyperlinks zu Fussnoten, Glossaren, anderen Textstellen oder anderen Texten.

Center for History and New Media (CHNM)

Da mag die Konkurrenz des Center for History and New Media in New York besser zu überzeugen. Immerhin ist das CHNM schon seit 1994 online und hat einige Projekte lanciert. Besonders wertvoll sind auch hier die Besprechungen von CD-ROM (entlehnt von der History Computer Review, die neuesten Rezensionen stammen allerdings vom Frühling 1996), die Rubrik Best WebSites und die Essays. Allerdings macht die WebSite nicht ganz den frischesten Eindruck, leider sind auf ihr auch keinerlei Angaben zu ihrer letzten Aktualisierung zu finden.

The Great Chicago Fire and the Web of Memory

20.12.1998: Multimedia und Geschichte: Projekte (1)
Eine der WebSites, die beim JMMH besprochen werden, ist "The Great Chicago Fire and the Web of Memory". Diese WebSite ist zweigeteilt: Der Teil "Great Chicago Fire" widmet sich dem Chicago des 19. Jahrhunderts, dem Brand, der 1871 einen Grossteil der Stadt verwüstete, und den Bemühungen um den Wiederaufbau. Der Teil "Web of Memory" behandelt die Art und Weise, wie seit dem Brand die Erinnerung an diese Katastrophe in den darauffolgenden Jahrzehnten bis heute gepflegt wurde.

Die WebSite ist einfach aufgebaut: Die beiden Teile gliedern sich in Kapitel, die Texte (Essay), Bilder (Galleries) und längere Passagen aus Sekundärquellen (Library) umfassen. Eine Einführung in die Navigation durch die WebSite und technische Hinweise tragen zur Kundenfreundlichkeit dieser WebSite ein, die eigentlich eine Ausstellung ist, die auf das Internet portiert wurde.

Can You Do Serious History on the Web?

Genau dies sei auch die Absicht dieser WebSite, erklärt der Leiter dieses Projektes, Carl Smith, in einem Essay beim Center for History and New Media. Der Essay von Februar 1998 trägt den Titel "Can You Do Serious History on the Web?" Offenbar ist auch in den USA, die doch als dem Medium Internet gegenüber aufgeschlossen gelten, die Skepsis in der Berufsgruppe der Historiker gegenüber diesem Medium immer noch sehr verbreitet. Oder vielleicht: war es. Die WebSite datiert nämlich aus dem Jahr 1996.

Dass sie immer noch vollumfänglich und auf der ganzen Welt besucht werden kann, bestätigt eines der Hauptargumente von Smith, der natürlich die Frage im Titel seines Aufsatzes zu bejahen sucht: Auf dem Web ist es möglich für eine längere Zeit und über grössere räumliche Distanzen hinweg Geschichte zu präsentieren als bei einer Ausstellung. Ausserdem können mehr Materialien zusammengestellt und dem interessierten Besucher zur Verfügung gestellt werden als in einer Ausstellung oder in einem Buch. Eine WebSite historischen Inhalts könne mindestens so gut wissenschaftlichen Ansprüchen genügen wie eine Ausstellung oder ein historisches Sachbuch für ein allgemeines Publikum - vielleicht sogar besser, schliesst Smith.

Doch das Medium WebSite hat seine klaren Grenzen. Mit der Lesefreundlichkeit der Texte, die am Bildschirm betrachtet werden müssen, ist es nicht weit her. Bilder und Objekte wirken "flach" oder müssen mit einigem technischen Aufwand präsentiert werden. Ein 360 Grad Panorama-Bild von Chicago aus dem Jahre 1858, das man auf dem Bildschirm "herumdrehen" kann - ja, warum nicht? Doch wenn ein 90 Sekunden langer Filmauschnitt 20 bis 30 Minuten braucht, bis er via Modem auf den Rechner getröpfelt ist... Naja, da wird das Schlagwort Multimedia schnell einmal zum Schlag ins Wasser. Da sind Low-Tech-Effekte wie die Stereographie-Bilder des 19. Jahrhunderts eher mit den Internet-Bandbreiten des 20. Jahrhunderts kompatibel.

Dennoch, die Chicago Fire-WebSite ist ein gelungenes Beispiel für die Möglichkeiten, die Stärken und die Schwächen einer Präsentation historischer Sachverhalte auf dem Internet. Enttäuschend einzig, dass die Texte nur wenige Hypertext-Links enthalten und eine Stärke des Mediums nicht auschöpfen.

 
 

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