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Stand: 20.03.2002
 
       
 
 
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Thema: Referenz und Information oder: Was suchen wir eigentlich im Internet?

Was suchen wir eigentlich "im Internet"? / Die erste Ebene: Information / Die zweite Ebene: Referenz

Was suchen wir eigentlich "im Internet"?

Komplette Literaturlisten? Bilder? Aufsätze? Artikel? Kontaktadressen? Fakten?

Eine Strukturierung ist nötig, denn je nachdem, wonach wir suchen oder was wir erwarten, wird die Suchstrategie ganz anders sein. Deswegen sind einige grundlegende Überlegungen zur Klassifizierung von Informationen notwendig. Diese Klassifizierung kann endlos betrieben werden und ist das Fachgebiet von Bibliothekaren und Dokumentalisten.

Eine mögliche Gliederung könnte so aussehen:

  • Literatur
    • Nachschlagewerk / Lexikon
    • Handbuch / Handbuchaufsatz
    • Sachbuch
    • wissenschaftliche Monographie
    • Sammelband / Festschrift
    • Zeitschriftenaufsatz
    • Forschungsbericht
    • Dissertation / Lizentiatsarbeit / Seminararbeit
  • Quellen
    • Akten
    • Zeitungsartikel
    • Bilder
    • Interviews / Tondokumente
    • ...

Wichtige Einschränkung zu dieser Einteilung: Was eine Quelle ist und was Literatur, ist immer auch von der Fragestellung (der Perspektive) anhängig. So ist dieses Scheme nur eine Orientierungshilfe, die weder vollständig noch unumstösslich ist. Die Gruppierung wäre auch anders möglich; wichtig ist, dass Informationen von unterschiedlichen ?Produzenten? stammen und zu unterschiedlichen Zwecken hergestellt wurden.

Bei der Frage, was wir im Internet suchen, müssen zwei Ebenen unterschieden werden:

  • Erstens: Die Ebene der eigentlichen Dokumente.
  • Zweitens: Die Ebene der Verweise auf diese Dokumente.
Die erste Ebene: Information

Zuerst zur ersten Ebene, zu den eigentlichen Dokumenten. Wir können drei unterschiedliche Fälle unterscheiden:

  • Erstens: Das Dokument existiert in gedruckter Form, nicht aber in elektronischer Form (oder es ist in elektronischer Form nicht zugänglich, weil nur beim Autor vorhanden).
  • Zweitens: Das Dokument existiert in gedruckter und in elektronischer Form.
  • Drittens: Das Dokument existiert nur in elektronischer Form (oder ist nur in dieser Form zugänglich.)

Die erste Variante ist heute noch der Normalfall: Bücher und die meisten anderen Dokumententypen existieren nur in gedruckter Form. Die zweite Variante ist heute stark am zunehmen und ist anzutreffen bei vielen Zeitschriften, bei immer mehr amtlichen Dokumenten und Gesetzestexten, bei Jahresberichten, Working Papers, Lexika und Nachschlagwerken.

Die dritte Variante ist heute, zumindest in unserem Themenbereich, eher selten anzutreffen: vereinzelt bei E-Journals, Lizentiatsarbeiten (die nur in zwei drei praktisch nicht zugänglichen gedruckten Exemplaren existieren), Diskussionslisten etc.

Eine auch nur annähernde Quantifizierung dieser drei Bereiche ist nicht möglich, aber als (durchaus als Provokation gedachte) Faustregel kann man schätzen, dass 95 Prozent der Texte ausschliesslich oder zumindest auch gedruckt vorliegen. Oder mit anderen Worten: Nur etwa 5 Prozent der Informationen liegt nur und ausschliesslich in elektronischer Form vor oder ist nur via Internet erhältlich!

Die zweite Ebene: Referenz

Die Bedeutung der Referenz-Ebene ist bei unserer Arbeit kaum zu unterschätzen: Ohne diese Referenz-Ebene wären wir im Meer der Dokument-Ebene verloren. Man kann sich das vorstellen wie eine Bibliothek, in der alle Bücher auf einem Haufen auf dem Boden liegen, alles durcheinander: Keine alphabetische, sachliche oder formale Unterscheidung: Zeitungen und Bücher, Artikel und Akten quer durcheinander.

Die Arbeit des Einordnens nehmen uns in der "realen? Welt Bibliothekarinnen und Bibliothekare ab, indem sie Kataloge und Bibliographien produzieren und dadurch die Informationen strukturieren.

Mit dieser Struktur müssen wir uns auch vertaut machen und jede Bibliothek funktioniert ein wenig anders. Aber es gibt gewisse Regeln, die überall eingehalten werden und deren Kenntnis Teil unserer wissenschaftlichen Sozialisation geworden ist. Die Referenz-Ebene ist zentral für jede Suche, egal ob systematisch oder unsystematisch.

Wie sieht das nun auf dem Internet aus?

  • Wir haben gesehen, dass auf der Dokument-Ebene 95 Prozent gedruckt vorliegt und nur 5 Prozent ausschliesslich digital.
  • Auf der Referenz-Ebene ist dies vermutlich genau umgekehrt: 95 Prozent der Referenz-Informationen können digital (also via Internet) erschlossen werden und nur 5 Prozent nicht.
  • Das sind nicht genaue Werte, es geht uns lediglich um die Grössenordnung! Diese Verhältnisse können auch je nach Themenbereich stark variieren. In anderen Fächern wie zum Beispiel in der Physik oder in der Klimaforschung sieht das Verhältnis sowieso ganz anders aus!

Diese Referenz-Ebene hat eine zentrale Bedeutung - auch und gerade bei der Nutzung des Internet! Das Prinzip ist:

  • Ich finde raus, wo ich ein Dokument finde.
  • Ich finde nicht das Dokument selbst.
  • Gerade das World Wide Web macht ja die Referenz (also den Link) zum Hauptaspekt.

Es gibt hunderte von Katalogen, die sich überschneiden, und es gibt auch Dokumente, die nicht erfasst sind. Ein Chaos.

  • Es gibt eine technische Strukturierung, bedingt durch die Protokolle und Dienste, und es gäbe - technisch gesehen - die Möglichkeit, auch eine inhaltliche Struktur einzuführen. Allerdings hat mittlerweile niemand den Überblick, beziehungsweise kann niemand mehr eine einheitliche Ordnung durchsetzen.

Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch die Systematiken der "realen" Welt nicht immer einfach zu erfassen sind, nehmen wir das Beispiel der UB:

  • ALEPH-Katalog
  • alter systematischer Katalog
  • Dissertationenkatalog
  • der sogenannte PaterNoster (der alte Allgemeine Katalog)
  • zahlreiche Zusatzhilfsmittel

Wer auf der UB wirklich arbeiten will, muss diese Instrumente ja auch kennen. Und schon in der Zentralbibliothek Zürich heissen die entsprechenden Kataloge ganz anders, die Auswahl ist auch nicht identisch!

  • Bleiben wir beim Vergleich mit der UB: Wenn wir für eine Arbeit Material suchen, werden wir nicht einfach im Freihandmagazin herumspazieren und einige Bücher, die uns gefallen, mitnehmen. Aber vielleicht machen wir einmal einen solchen Spaziergang, wenn wir eine halbe Stunde Zeit haben und quasi ziellos die Neuerscheinungen mit der Signatur "eh" (Geschichte) anschauen. Vielleicht kommen uns auf Umwegen wunderbare Ideen, danach suchen können wir nicht.
  • Ähnlich ist es auch im Cyberspace: Wenn man ziellos durch das World Wide Web "surft" muss das nicht verlorene Zeit sein. Im Gegenteil. Aber wenn wir ein klares Ziel haben, müssen wir uns eine klare Strategie zurechtlegen.
  • Dabei werden wir, wie in der "realen" Welt auch, vor allem mit Informationen der zweiten Ebene, mit Referenzinformationen oder sogenannten Meta-Informationen arbeiten. Sie sind bei jeder Suche oder bei jedem Auffinden von Information von zentraler Bedeutung um den Informationsfluss zu strukturieren und die gewünschte Information überhaupt erst finden zu können.
  • Im "richtigen" Leben sind diese Referenzinformationen klarer vorgegeben: wir haben etablierte "Systeme" mit festgelegten "Regeln".
    • Diese Systeme können Bibliotheken sein, die uns vertraut sind.
    • Oder gedruckte Bibliographien, die wir regelmässig benutzen.
    • Oder einfach die Empfehlungen der Literaturliste im Semesterapparat.

Im Internet ist alles etwas komplexer:

  • Denn ersten haben wir die strukturierende Hilfe der Bibliothekare nicht oder nicht immer.
  • Und zweitens gibt es auch viel mehr Ebenen:
    • Es gibt Referenzinformationen über Referenzinformationen.
    • Und es gibt Stellen, die sammeln diese Referenzinformationen über Referenzinformationen.
    • Und so weiter.
  • Das hat damit zu tun, dass das World Wide Web mit seinen Hyperlinks ein Medium ist, das einen starken referentiellen Charakter hat.
  • Die einzelnen Referenzstufen können immer neu gebildet und übereinander und ineinander verschachtelt werden.
  • Durch die Breite des Informationsangebotes (es ist nämlich weltweit) und dem Charakter der Information auf dem Internet (es sind oft Selbstbeschreibungen von Institutionen, Broschüren, Artikel zu Sachthemen oder Veranstaltern etc.) wird das Internet selbst zu einem Informationssystem, das vor allem (in unserem Bereich etwa 95 Prozent) Referenzinformationen bereithält!
  • Im Moment, in dem man den Ansatz wechselt, und nicht mehr die Information an sich, sondern zunächst Informationen über Informationen sucht, wird man erfolgreich suchen und finden!
 
 

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